Wanderung durch den Oberharz - Harzer Wandernadel - Von Hahnenklee über Lautenthal zum Innerstestausee und zurück

Hahnenklee - Unterer Grumbacher Teich - Maaßener Gaipel - Lautenthal - Brockenblick - Sternplatz - Tränkebachhütte - Kalte Birke - Vereinsplatz - Innerstestausee - Lautenthal - Hahnenklee

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Prolog

Auf meiner zweiten großen Wanderung für die Harzer Wandernadel sammle ich bei winterlichem Schmuddelwetter auf einer Länge von 34 km sechs Stempel im nordwestlichen Oberharz.

Der Holzkohle auf der Spur

Die schwarze Verfärbung des Bodens ist ein deutlicher Hinweis auf einen alten Meilerplatz. Der Grumbach kurz vor seiner Einmündung in den Unteren Grumbacher Teich.

Los gehts in Hahnenklee um 9:45 Uhr. Meine Wanderung beginnt am Ende der Lautenthaler Straße und führt zunächst über einen Hohlweg bis zur L516 beim Kuttelbacher Teich. Weiter laufe ich durchs Große Drecktal zum Unteren Grumbacher Teich. Die Bezeichnung "Drecktal" hat sich aus "Trecktal" entwickelt, ich laufe somit einen alten wichtigen Transportweg entlang. Der Grumbach wurde früher sogar zum Flößen von Holz genutzt, ein Grund, warum es den Unteren Grumbacher Teich gibt. Da ich gerade ein Buch über die Köhlerei im Harz lese, beobachte ich aufmerksam den Wegesrand. Und siehe da, auf einem kleinen Schutthaufen entdecke ich verdächtige dunkle Stellen, die sich tatsächlich als Holzkohlereste entpuppen. Ob es sich hierbei wirklich um die Reste eines alten Platzmeilers handelt oder ob die Holzkohlereste anderen Ursprungs sind, kann ich nicht beurteilen. Aber Tatsache ist, dass in dieser Gegend früher viele Kohlenmeiler brannten, es ist also durchaus denkbar, dass meine kleine Entdeckung tatsächlich historischer Natur ist.

Unterer Grumbacher Teich

Blick von der Schutzhütte mit der Stempelstelle 113 auf den noch teilweise gefrorenen Teich. Seitlich des Damms schießt das überlaufende Wasser des Unteren Grumbacher Teichs ins Tal hinab.

Am Unteren Grumbacher Teich ist der erste Stempel dieser Tour schnell ins Heft gedrückt. Wasserfallartiges Rauschen lenkt meine Aufmerksamkeit Richtung Teichdamm. Der Teich ist so voll, dass aus dem Überlauf ein kleiner reißender Bach den Damm hinabschießt. Also steige ich hinunter bis zum Fuß des Damms, um dieses Motiv nicht zu verpassen.

Maaßener Gaipel und Lautenthal

Zwischen Unterer Grumbacher Teich und Maaßener Gaipel (Stempelstelle 107) wurden Fichten geerntet. Bergbaurevier Lautenthal: ein altes Stollenmundloch, dessen Stollen den Bergleuten jedoch kein Glück brachte.

Vom Teich (ca. 480 m) führt ein schmaler Weg nun rechts hinauf auf etwa 550 m, um dann bis zum Maaßener Gaipel (ca. 430 m) in leichtem Gefälle zu verlaufen. Der zweite Stempel mit diesmal wässrig-verlaufender Stempelfarbe matscht sich in meinem Stempelheft breit und ich begebe mich ohne Zeit zu verlieren weiter abwärts gen Lautenthal. Ich streife den sehr interessanten Bergbaulehrpfad und wende mich dann nach Südwesten, den Lautenthaler Kunstgraben entlang. Nach ca. 600 m bin ich der Meinung, dass ich bereits zu weit gelaufen sei, so dass ich mich entschließe, eine Abkürzung direkt den Abhang hinab nach Lautenthal zu nehmen. Neben einer Geröllhalde gehts vorsichtig abwärts, wobei ich glücklicherweise recht bald auf den Weg treffe, der ebenfalls hinab führt und den ich eigentlich hatte nehmen wollen. Jedenfalls komme ich unten exakt an der geplanten Stelle - bei der Bushaltestelle - an, überquere die Straße und mache mich - nach ein paar kurzen Orientierungshalten - sogleich an den Aufstieg hinauf zum Brockenblick.

Brockenblick

Gespenstisch ziehen die Wolken den Hang der Großen Wulpke hinauf. Die Schutzhütte Brockenblick ist nicht mehr weit. Stempelstelle 108: vom Brockenblick ist weit und breit nichts zu sehen.

Von den ca. 310 m in Lautenthal gehts hinauf bis ca. 630 m. Und während es in Lautenthal relativ warm ist, wird die Luft mit zunehmender Höhe merklich kühler, was mir allerdings in Anbetracht der Anstrengung nicht ungelegen kommt. Ziemlich weit oben bieten die durch hohen Fichtenwald schwebenden Wolken ein gespenstisches Schauspiel. Ein kleines Highlight beim sonst wenig begeisternden Wetter dieses Tages. Vom Stempel an der Hütte Brockenblick fehlt leider ein Teil und das Stempelkissen ist wieder einmal wässriger Matsch, so dass dieser Stempel ganz klar einem Griff ins Klo gleichkommt. Ich bin gespannt, ob dieser Stempel später überhaupt akzeptiert wird. Immerhin gönne ich mir etwas Tee, bevor ich mich auf die lange Etappe über die Höhen bis zum Vereinsplatz westlich des Innerstestausees mache.

Fastweg

Durch starke Verfaltung der unterkarbonischen Schichten entstand dieser Steinbruch zwischen Sternplatz und Luchsstein.

Dieser Weg führt vom Brockenblick über mehr als 10 km und überwiegend leicht abfallend bis zum nördlichsten Punkt dieser Tour, dem bereits erwähnten Vereinsplatz auf ca. 496 m Höhe. Auch dieser Weg wurde bereits vor langer Zeit genutzt, zu Zeiten, als der Oberharz weitgehend unpassierbar war. Denn ein Höhenweg hat den Vorteil, dass er nicht so schnell aufweicht und daher mit seinem zumeist festen Untergrund gut für Transporte (Erz, Holz, Holzkohle) geeignet ist. Daher auch der Name Fastweg (= fester Weg).
Das Stück bis zum Sternplatz an der Straße zwischen Seesen und Lautenthal lege ich recht zügig und entspannt zurück, da es meist leicht bergab geht. Zwischendurch gibt es ein paar nette Aussichten, die aber leider mangels Fernsicht aufgrund des miesen Wetters ein wenig zu wünschen übrig lassen. In der Nähe des Luchssteins begegne ich einem ebenfalls wandernden Paar, dem ich auf Nachfrage kurz meine Tour erläutere. Zu meiner Genugtuung hinterlässt diese Schilderung durchaus etwas Eindruck. Dummerweise ist dieses Paar recht schnell unterwegs, und da ich lieber alleine laufe, gebe ich nun richtig Gas.

Tränkebachhütte

Der Abstecher zur Tränkebachhütte (Stempelstelle 104) wird mit einem recht komfortablen Aufenthalt belohnt. Schön gelegen und mehr als nur eine Schutzhütte ist die Tränkebachhütte (Stempelstelle 104).

Was ist der Unterschied zwischen einer Wanderkarte und einer topografischen Karte? Die Wanderkarte ist vollgemalt mit bunten Wegen und Zeichen und nimmt es mit der Genauigkeit nicht so genau. Diese meine Wanderkarte suggeriert mir, dass die Tränkebachhütte direkt am Weg liegt. Die topografische Karte betont nichts und ist absolut neutral. Dafür zeigt sie mir, dass ich zum Erreichen der Tränkebachhütte einen kleinen Abstecher laufen muss. Mittlerweile verspüre ich etwas Müdigkeit in den Beinen, das Schmuddelwetter trägt auch nicht gerade zu meinem Wohlbefinden bei, so dass ich etwas mürrisch die Abzweigung zur Hütte einschlage.
Die Hütte selber belohnt durch eine relativ komfortable Ausstattung und ich beschließe, trotz des Zeitdrucks eine kleine Pause mit Tee, kalten Würstchen und Brötchen einzulegen.

Spuren der Vergangenheit

Schutzhüttenarchitektur im Oberharz: die Hütte Kalte Birke (Stempelstelle 103) wirkt wie eine vergessene Bushaltestelle.

Zurück auf dem Hauptweg gehts über den Schnapsplatz Richtung Kalte Birke. Dieser Name ist irreführend, denn sein Ursprung liegt wahrscheinlich sinngemäß in der Bezeichnung "Kohlenberg" oder "Köhlerberg". Tatsächlich laufe ich unterwegs an mehreren alten Meilerplätzen vorbei, die sich durch ihre charakteristische Geländeform und die schwarze Verfärbung der Erde sowie kleinen Resten an Holzkohle verraten.
Eine kurze Stempelpause in der Hütte Kalte Birke und ein wichtiger Blick auf die Karte, dann gehts schon wieder weiter. Das letzte Stück meines Höhenwegs bis zum Vereinsplatz ist nett zu laufen. Ich begegne tatsächlich zwei Menschen, was auf dieser Wanderung eher selten vorkommt. Ansonsten wiederholt sich das Ritual: stempeln, kurz ausruhen, ein paar Fotos machen.

Innerstestausee

Der Bär am Vereinsplatz (Stempelstelle 102) oberhalb des Innerstestausees schaut etwas ungläubig auf die kahlen Flächen der Lageswarte.

Der letzte Stempel dieser Tour liegt hinter mir, jetzt geht es abwärts. Von knapp 500 m Höhe laufe ich durch das Gegental bis zum Innerstestausee auf etwa 270 m Höhe. Hier dominieren Misch- und Laubwald, was im Winter ziemlich öde wirkt. Abgesehen davon sagt mir schöner Fichtenwald ohnehin deutlich mehr zu. Der Stausee ist knackevoll mit Wasser, das fast bis an den Weg reicht. Dummerweise gesellt sich nun auch Wasser von oben dazu. Ich packe die Kamera in den Rucksack, ziehe meine Kapuze fest zu und habe eigentlich gar keine Lust mehr auf den letzten Teil der Wanderung. Hinter dem Innerstestausee wechsle ich über die Straße auf die ehemalige Bahntrasse der Innerstetalbahn. Die Weg bis Lautenthal zieht sich nun verdammt lang hin. Ich sinniere darüber, wie wundervoll es wäre, wenn die Innerstetalbahn noch dampfend den Harzbergen entgegenstreben würde. Stattdessen strebe ich durch den Nieselregen und gegen die Uhr etwas missmutig Lautenthal entgegen. Im Ort orientiere ich mich grob und versuche, einen Umweg zu vermeiden. So gelange ich zur Paul-Gerhardt-Kirche, an deren Mauer ich mir mit einem kleinen Stoßgebet Segen für den letzten und beschwerlichsten Teil des Weges erbitte. Da ich keine Zeit habe, muss dies in Kombination mit einer sehr kurzen Trinkpause geschehen.

Gottlob

Wolkenverhangener Blick auf die Halden am ehemaligen Ostschacht des Lautenthaler Gangzuges.

Mit schmerzendem Knie laufe ich das steile Stück den Schulberg hinauf bis zum Pavillon. Eine kurze Erholungspause, dann muss ich weiter, wenn ich nicht von der Dunkelheit eingeholt werden will. Der weitere Weg bis zur Straße ist sehr schön und bietet außerdem einen tollen Blick auf die gegenüberliegenden am Kranichsberg gelegenen Halden des Lautenthaler Bergbaureviers.
Auf der Straße gehts durch die fortschreitende Dämmerung am verlassenen Waldkater vorbei bis zur Spitzkehre, wo ich die Straße verlasse und entlang der Laute aufwärts strebe. Diesen Weg mussten auch die Hahnenkleer Berg- und Hüttenleute nach ihrer langen und anstrengenden Schicht in Lautenthal nehmen. So gesehen gehts mir doch richtig gut. Von 440 m Höhe an der Spitzkehre gehts bis zum Gottlob hoch auf 560 m Höhe. Dieses Gottlob markiert die Stelle, an der die Bergleute ihren Stoßseufzer "Gottlob, wir sind oben" taten. Kann ich sehr gut nachvollziehen.
Das letzte Stück bis Hahnenklee lege ich gefühlt fliegend zurück. Einmal angekommen ist mir wieder klar, warum ich diese langen Wanderungen so gerne unternehme.

Georg Hoff, März 2012

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